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Prämenstruelles Syndrom (2): Auch Serotin und Histamin sind beteiligt
In meinem vorherigen Blogbeitrag habe ich die Zusammenhänge zwischen dem Prämenstruellen Syndrom (PMS) und einer Dysbalance im weiblichen Hormonhaushalt beschrieben. Bei einem Progesteronmangel oder einer Östrogendominanz reagieren Frauen unverhältnismäßig stark auf die monatlich wiederkehrenden natürlichen Hormonschwankungen und können ein PMS und weitere Zyklusstörungen entwickeln. Es gibt aber noch weitere Auslöser für die Beschwerden “vor den Tagen”: Auch ein Serotonindefizit und ein erhöhter Histaminspiegel sind häufig beteiligt, die betroffenen Frauen profitieren von einer gezielten Serotoninunterstützung bzw. Histaminsenkung in der zweiten Zyklushälfte.
Die weiblichen Geschlechtshormone steuern nicht nur den Zyklus der Frau, sondern beeinflussen auch die Aktivität zahlreicher weiterer wichtiger Botenstoffe in unserem Körper wie Serotonin und Histamin. Während Serotonin unter anderem großen Einfluss auf die Stimmung und die psychische Resilienz hat, steuert Histamin insbesondere allergische Reaktionen und Entzündungen. Folgende Zusammenhänge wurden bei PMS beobachtet:
Serotonin und PMS Forscher/innen des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften zeigten in einer im Januar 2023 publizierten Studie, warum bei PMS nicht genug von dem “Glückshormon” Serotonin zur Verfügung steht. Sie verglichen die Gehirnaufnahmen von 30 PMS-Patientinnen über mehrere Zyklen mit denen einer gesunden Kontrollgruppe und fanden heraus, dass vor der Menstruation die Serotonin-Transporter-Dichte im Gehirn erhöht und dementsprechend die Verweildauer von Serotonin an den Synapsen verringert ist (1). Ein weiterer Grund für den typischen Serotoninmangel kurz vor der Menstruation ist, dass in der zweiten Zyklushälfte die Aminosäure Tryptophan, eine Serotoninvorstufe, vermehrt über den Urin ausgeschieden wird. Damit ist zum Zyklusende möglicherweise nicht genug Ausgangsstoff für die Bildung des “Glückshormons” vorhanden.
Depressive Verstimmungen und Reizbarkeit an den “Tagen vor den Tagen”, haben also eindeutige körperliche Ursachen. Viele Frauen mit PMS entwickeln einen Heißhunger auf Süßigkeiten und Kohlenhydrate. Beides verbessert allerdings die Gemütslage nur kurzfristig. Geeignetere Lebensmittel, um den Tryptophan- und darüber auch den Serotoninspiegel zu erhöhen, sind zum Beispiel Geflügel, Käse, Bananen, Nüsse oder Rohkakao. Auch über pflanzliche Medikamente, Aminosäuren-Vorstufen, eine antientzündliche und darmgesunde Ernährung, eine Lichttherapie und Aktivitäten im Freien kann der Serotoninspiegel effektiv und auf natürliche Weise gesteigert werden. Nur in wirklich schweren Fällen von PMS kommt meines Erachtens die zyklische Einnahme von Antidepressiva unter ärztlicher Begleitung in Frage. Diese können die Serotonin-Konzentration im Gehirn erhöhen, aber die Nebenwirkungen sind erheblich.
Ein Zuviel an Histamin im Körper verursacht ebenfalls eine Vielzahl an Symptomen, die sich mit denen eines PMS überschneiden. Viele Frauen mit zyklusabhängigen Beschwerden weisen einen erhöhten Histaminspiegel auf und reagieren sensibler auf Histamin. Wahrscheinlich spielt dabei ein Progesteronmangel eine Rolle, denn Progesteron reduziert die Histaminausschüttung aus den Mastzellen und fördert die Bildung des histaminabbauenden Enzyms Diaminooxidase (DAO). Umgekehrt stimuliert Histamin die Östrogenbildung und kann dadurch eine hormonelle Dysbalance verstärken. Eine Histamin-Menge im Körper, die die individuelle Reizschwelle überschreitet, kann verschiedenste Beschwerden von beispielsweise Bauchkrämpfen und Blähungen über eine Verstärkung der Schmerzwahrnehmung bis hin zu Abgeschlagenheit, Blutdruckschwankungen und Schwindel auslösen.
Ein Labortest (Histamin und DAO-Aktivität) macht für PMS-Betroffene Sinn, um gegebenenfalls in der Phase vor und während der Menstruation über eine histaminarme Ernährung, die Einnahme von Mastzellstabilisatoren wie Vitamin C oder Quercetin sowie Präparate mit dem Enzym DAO einen Histaminüberschuss und damit ihre zyklischen Beschwerden zu verringern.
Literatur:
(1) Sacher, J. et al., “Depression vor den Tagen: Serotonin-Transporter im Gehirn erhöht”, Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig, Pressemitteilung vom 27.01.2023; https://www.cbs.mpg.de/2089401/20230127