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Prämenstruelles Syndrom (1): Ursächliche Therapie
Etwa jede zweite Frau im fertilen Alter leidet vor der Menses unter physischen und psychischen Beschwerden, fast jede Zehnte ist massiv betroffen: Unterleibs- und Rückenschmerzen, Heißhunger, Wassereinlagerungen und Spannungsgefühle in den Brüsten, Niedergeschlagenheit und Gereiztheit bis hin zu hormoneller Akne gehören zu den vielfältigen Symptomen des prämenstruellen Syndroms (PMS). Diese entstehen häufig durch eine zu geringe Produktion des Geschlechtshormons Progesteron oder eine Östrogendominanz, das heißt ein relatives Übergewicht von Östrogen gegenüber Progesteron. Im ersten Teil meines Blogbeitrags zum PMS geht es um diese Hormonkonstellationen, die ich in meiner Praxis häufig antreffe, und deren naturheilkundliche Behandlung. Im nächsten Blog beschreibe ich dann weitere Ursachen und therapeutische Ansatzpunkte bei PMS.
Das prämenstruelle Syndrom beginnt irgendwann nach dem Eisprung und endet mit Einsetzen der Regelblutung, meist ist es auf wenige Tage davor beschränkt. Während in der ersten Zyklushälfte, wenn die Eizelle heranreift, natürlicherweise der Östrogenspiegel sehr hoch ist, dominiert in der Lutealphase (zweite Zyklushälfte) der Östrogen-Gegenspieler Progesteron. Er erreicht um den 21. Zyklustag seinen Maximalwert und fällt vor Beginn der Menstruation ab, wenn sich keine befruchtete Eizelle in der Gebärmutterschleimhaut eingenistet hat. Estradiol (eines der Östrogene) kann während der Lutealphase stark schwanken. Die monatlich wiederkehrenden natürlichen Hormonveränderungen sollten eigentlich keine oder nur wenig Beschwerden verursachen. Ist allerdings der weibliche Hormonhaushalt nicht im Gleichgewicht, reagieren Frauen viel stärker auf die normalen zyklischen Abläufe und können ein PMS und weitere Zyklusstörungen entwickeln.
Hormonelle Dysbalance Insbesondere wenn eine Frau an einem absoluten oder relativen Progesteronmangel (letzteres wird als Östrogendominanz bezeichnet) leidet, ist häufig auch ihre zyklische Regulationsfähigkeit eingeschränkt. Deshalb profitieren viele PMS-Patientinnen von einer Progesteron-Unterstützung in der Lutealphase, zum Beispiel in Form von
> Mönchspfeffer, einer Heilpflanze, die die Progesteronbildung in den Eierstöcken stimuliert,
> einer vitalstoffreichen, abwechslungsreichen Ernährung, die reich ist an Omega-3-Fetten (Fisch, Leinöl) sowie an Lebensmitteln wie zum Bespiel Karotten, Fenchel, Nüssen, Sahne, Quark und Creme fraiche,
> verschiedenen Gewürzen wie Safran und Bockshornklee.
> Eine bioidentische Progesteron-Creme, auch in homöopathischer Dosierung, sollte nur therapeutisch verordnet und unter regelmäßiger Laborkontrolle angewendet werden.
Ursächliche Therapie Mindestens ebenso bedeutsam ist es herauszufinden, warum bei einer Frau das Gleichgewicht zwischen Östrogenen, Progesteron und Testosteron gestört ist. Eine häufige Ursache ist chronischer Stress. Hält dieser über längere Zeit an, ist oft die Cortisolproduktion erniedrigt. Cortisol, unser “Stresshormon”, interagiert eng mit den weiblichen Sexualhormonen. Dauerhaft erniedrigte Cortisolspiegel stellen, wie Studien zeigen, ein Risko für die Entwickung eines PMS dar und korrelieren reziprok mit dessen Schweregrad (1). Außerdem wird bei chronischem Stress meist weniger Progesteron gebildet. Weitere wichtige Störfaktoren für den empfindlichen weiblichen Hormonhaushalt sind
> eine Minderversorgung mit Mikronährstoffen wie Magnesium, Kalzium, den Vitaminen B3, B5, B6 und Folsäure sowie den Vitaminen C, D und E,
> hormonhaltige Medikamente wie die Pille und
> Umweltchemikalien (so genannte endokrine Disruptoren).
Die PMS-Behandlung muss sehr individuell auf die jeweiligen Ursachen und den Hormonstatus einer Frau abgestimmt werden.
Literatur:
(1) Hou, L. et al., “Premenstrual syndrome is associated with altered cortisol awakening response”, Stress (Netherlands), 2019 Nov;22(6):640–646. Doi:10.1080/10253890.2019.1608943; https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31057066