Frauen & Menopause

Brustkrebsprävention: Die Rolle von Bauchfett, Brokkoli und Hormonen

Frauen, die nach der Menopause überflüs­sige Pfunde verlieren, können laut einer neuen Studie der American Cancer Society ihr Brust­krebs­ri­siko deutlich senken. Der Grund: Die Reduzie­rung des Fettge­webes bremst auch Hormone, Wachs­tums- und Entzün­dungs­fak­toren, die eine tumor­för­dernde Wirkung haben können. Dagegen steigt das Brust­krebs­ri­siko, wenn Frauen in den Wechsel­jahren eine syste­ma­ti­sche Hormon­er­satz­the­rapie beginnen – unabhängig davon, ob nur Östro­gene oder eine Kombi­na­tion aus Östro­genen und Proge­s­tinen verordnet werden.

Überge­wicht und Adipo­sitas in der Postme­no­pause sind bekann­ter­maßen ein bedeut­samer Risiko­faktor für Brust­krebs – neben weiteren Faktoren wie einer in frühem Lebens­alter einset­zenden und spät endenden Mensis sowie einer syste­ma­ti­schen Hormon­er­satz­the­rapie. Dass umgekehrt Frauen durch eine Gewichts­ab­nahme nach den Wechsel­jahren ihr Brust­krebs­ri­siko senken können, wies jetzt die US-Epide­mo­login Lauren R. Teras von der American Cancer Society in einer Meta-Studie an 180.885 postme­no­pau­salen Frauen nach (1): Bauten die Teilneh­me­rinnen nach dem 50. Lebens­jahr nachhaltig überflüs­sige Kilos ab, war auch ihr Brust­krebs­ri­siko im Vergleich zu Frauen mit hohem, aber stabilem Körper­ge­wicht deutlich reduziert. Die schäd­liche Wirkung von Fettpols­tern ist demnach rever­sibel, eine für die Krebs­prä­ven­tion bedeut­same Erkenntnis. Die Unter­su­chung umfasste einen Beobach­tungs­zeit­raum von zehn Jahren. Einbe­zogen waren nur Frauen, die keine Hormone anwen­deten, um deren Einfluss auszuschalten. 

Brust­krebs­ri­siko senken
Bemer­kens­wert: Bereits ein leichter Gewichts­ver­lust führte in der Analyse zu einem Rückgang des Tumor­ri­sikos. Das Risiko reduzierte sich umso stärker, je mehr die Kilos purzelten, was als Hinweis auf einen kausalen Zusam­men­hang gilt. Studi­en­teil­neh­me­rinnen, die 2 bis 4,5 Kilo abnahmen, reduzierten ihr Risiko, an einem Mamma­kar­zinom zu erkranken, um 13 Prozent. Bei Gewichts­ab­nahme zwischen 4,5 und 9 Kilo sank das Brust­krebs­ri­siko um 16 Prozent, bei Verlust von mehr als 9 Kilo sogar um 26 Prozent. Selbst dieje­nigen, die zunächst stark an Gewicht verloren und einen Teil davon im Laufe der Jahre wieder hinzu­ge­wannen, schnitten hinsicht­lich ihres Risiko immer noch besser ab als die Ausgangs­gruppe mit unver­än­dertem Gewicht. 

Vielfalt von Einflussfaktoren
In den Wechsel­jahren kommt es bei vielen Frauen zu einer Gewichts­zu­nahme mit ungüns­tiger Fettum­ver­tei­lung in die Bauch­re­gion. Speziell im Bauch­fett werden vermehrt Insulin sowie Boten­stoffe freige­setzt, die chroni­sche Entzün­dungen begüns­tigen, was auf Dauer dazu führen kann, dass Körper­zellen entarten und unkon­trol­liert wachsen. Außerdem sorgt ein Enzym im Fettge­webe, die Aroma­tase, dafür, dass dort vermehrt Östro­gene gebildet werden. Die häufige Folge ist eine hormo­nelle Dysba­lance, eine Östro­gen­do­mi­nanz. Östro­gene aber sind Wachs­tums­fak­toren und nachweis­lich mit einem erhöhten Mamma­kar­zi­nom­ri­siko assoziert. Sie werden im Körper zu Metaboliten (Abbau­pro­dukten) verstoff­wech­selt, von denen einige als krebs­er­re­gend bekannt sind und andere vor Krebs schützen. Ob bei einer Frau “gute” oder “schlechte” Östro­gen­me­ta­boliten vorherr­schen, hängt von einer Vielzahl von Einfluss­fak­toren ab: geneti­schen, lebens­stil­be­dingten (wie Stress, Bewegung, Alkohol­konsum) sowie ihrer tägli­chen Ernäh­rung. Präven­tive Wirkungen bezüg­lich Brust­krebs werden insbe­son­dere Kohlarten wie Brokkoli und Rosen­kohl, grünen Blatt­ge­müsen, Zitrus­früchten und Beeren zugeschrieben. Neben sekun­dären Pflan­zen­stoffen wirkt sich eine hohe Ballast­stoff­zu­fuhr (mindes­tens 30 Gramm täglich) positiv aus, unter anderem in Form geschro­teten Leinsamens. 

Gefahren der Hormonersatztherapie
Dass auch die in den Wechsel­jahren zuletzt wieder häufiger verord­nete Hormon­er­satz­the­rapie das Brust­krebs­ri­siko eindeutig erhöht, betont eine Meta-Analyse, die im Herbst 2019 in der medizi­ni­schen Fachzeit­schrift The Lancet publi­ziert wurde. (2) Die Autoren, die im engli­schen Oxford angesie­delte Colla­bo­ra­tive Group on Hormonal Factors in Breast Cancer, kommen erneut (wie bereits 1997) zu dem Schluss, dass die Gefahr, an einem Mamma­kar­zinom zu erkranken, parallel mit der Dauer der Hormon­be­hand­lung steigt. Anders als vielfach angenommen, ist das Brust­krebs­ri­siko bei kombi­nierter Östro­gen/­Pro­ge­stin-Verord­nung sogar höher als bei allei­niger Östrogen-Anwen­dung. Durch die orale Hormon­ein­nahme kann es zu alters­i­nad­äquat hohen Hormon­spie­geln und hormo­nellen Dysba­lancen im Körper kommen.

Die persön­liche Perspektive
Demge­gen­über argumen­tieren die Befür­worter einer syste­ma­ti­schen Hormon­er­satz­the­rapie in den Wechsel­jahren, dass davon ein im Schnitt ledig­lich leicht erhöhtes und damit vertret­bares Brust­krebs­ri­siko ausgehe. Weitaus bedeut­samer erscheint mir aller­dings die Unkal­ku­lier­bar­keit dieses Risikos aus indivi­du­eller Perspek­tive, für jede einzelne Frau. Für sie geht es darum, ihre persön­liche Bilanz aus brust­krebs­pro­tek­tiven und ‑proble­ma­ti­schen Einflüssen möglichst optimal zu gestalten. Und dazu gehören neben dem Abbau von (starkem) Überge­wicht, von Nährstoff­de­fi­ziten und Stress auch möglichst der Verzicht auf hoch dosierte Hormon­prä­pa­rate. Denn für ein Vaban­que­spiel ist das Thema viel zu ernst.

Näheres zu den Impli­ka­tionen einer Hormon­er­satz­the­rapie und mögli­chen natur­heil­kund­li­chen Alter­na­tiven finden Sie auch in meinem früheren Blogbei­trag: Wechsel­jahre: Rezept­pflich­tige Hormone bleiben riskant.

(1) Teras LR et al, Sustained weight loss and risk of breast cancer in women ≥50 years: a pooled analysis of prospec­tive data, J Natl Cancer Inst. 2019 Dec 13; doi: 10.1093/jnci/djz226
(2) https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(19)31709‑X/fulltext